Veröffentlicht im Januar 2025 von Susann Naomi Israel
Eines Nachmittags im letzten Jahr stellte ich diese Frage zu Beginn einer Grossgruppenintervention bei einem institutionellen Klienten. Die Gruppe bestand aus 60 hochrangigen Fachleuten aus der Finanzdienstleistungsbranche, die mir eine Reihe spontaner Reflexionen und Assoziationen angaben: „majestätisch“, „stark“, „ausdauernd“, „resilient“ und „elegant“. Dies war der kreativitätsbasierte Auftakt eines interaktiven Workshops. Das Hauptziel des zweistündigen Workshops war es, dass die Gruppe über das Konzept „Vertrauen“ nachdachte – was es für sie bedeutete und wie sie es aufbauen konnten, zum Beispiel, im Kontext ihrer Klienten-Interaktionen. Doch bevor dies geschehen konnte, mussten sie mir ihr Vertrauen schenken – einer externen Moderatorin, welche in ihren Raum eingetreten war.
Um dieses Vertrauen aufzubauen, teilte ich einen persönlichen Einblick in meinen kulturellen, akademischen und beruflichen Hintergrund: zwei Jahrzehnte in der gleichen Branche, als Beraterin und Begleiterin für meine Klienten und Teams durch Krisen wie die Rezession 2001, die Finanzkrise 2008 und die COVID-19 Pandemie. In solchen Zeiten ist der Aufbau von Selbstbewusstsein und Vertrauen kein einmaliger Akt – er ist eine Reise, die Ausdauer und Resilienz fordert, ganz wie der symbolische japanische Kranich.
Die Zeichnung, die diesen Artikel begleitet, ist meine eigene. Sie entstand im April 2021 während einer Zeit vertiefter Denkarbeit und Reflektion. Ich begann, über rein faktische, linkshemisphärisch dominierte Faktenbetrachtungen hinauszugehen und Raum für reflektive Betrachtungen zu schaffen – einen Raum, in dem kreative und emotionale Gedanken entstehen. Wenn wir dieses explorative, rechtshemisphärische Denken zulassen, greifen wir auf viel ungenutztes Potential unbewusster Informationen zu, die uns neue Einsichten ermöglichen. Dies ist ein Prozess, den ich in den letzten drei Jahren mit tiefer Wertschätzung studiert und erkundet habe.
In unserem zweistündigen Workshop betrachteten wir drei Perspektiven: Das Selbst, Das System und Die Welt. Wir begannen mit den eher oberflächlichen, faktenbasierten Informationen und gingen allmählich zu Reflextionsübungen über, um tiefere Schichten des Verständnisses aufzudecken. Wie können wir z.B. Das Selbst über die traditionellen Selbstbeurteilungen und 360-Grad-Feedback-Tools hinaus erkunden? Diese Instrumente sind hervorragende Ausgangspunkte für den Aufbau von Selbsterkenntnis, aber sie stellen nur einen winzigen Bruchteil dessen dar, was uns zur Verfügung steht.
Um diese tiefere Erkundung zu fördern, stiegen wir ein in eine auf Kreativität basierende Übung. Diese ermutigte die Teilnehmer/innen, über das Offensichtliche hinauszublicken und ihre Reflexionsfähigkeiten stärker zu nutzen. Während wir uns durch die einzelnen Perspektiven bewegten, beschäftigten sich die Teilnehmer/innen zunächst einzeln, dann zu zweit, dann in kleinen Gruppen und schliesslich als Gruppe. Die Zeit, die für den Übergang von der Analyse der linken Gehirnhälfte zur Kreativität der rechten Gehirnhälfte benötigt wurde, variierte von Teilnehmer/in zu Teilnehmer/in.
In meiner Arbeit nehmen Aktivitäten wie das spontane Zeichnen, der Umgang mit Farben oder das Falten von Origami-Kranichen einen besonderen Platz ein. Diese kreativen Übungen mögen in Unternehmen unkonventionell erscheinen. Für viele Berufstätige scheinen sie im Widerspruch zu den schnellen, ergebnisorientierten Anforderungen des heutigen Geschäftsumfelds zu stehen. Im Rahmen meines Sōzō-sei no Tenkai®-Konzepts ist Kreativität jedoch nicht nur ein Mittel zum Selbstausdruck, sondern auch ein Tor zu tiefgreifenden Einsichten, die uns helfen können, Strategie und Wandel mit neuen Ansätzen zu verstehen und zu gestalten (siehe „Roku – Sōzō-sei no Tenkai“).
Mit fortschreitender Zeit wurde die Herausforderung, den Raum zu halten, immer deutlicher. Die Moderation von stillen, reflektierenden Übungen – jede dauerte von 2 bis 10 Minuten – erforderte eine sorgfältige Balance zwischen Gruppendynamik und individueller Achtsamkeit. Ziel war es, selbst inmitten der Unruhe einer grossen Gruppe Reflexion zu erleben.
Laut einer alten japanischen Legende gewährt das Falten von tausend Origami-Kranichen einen Wunsch vom heiligen Kranich. Das Falten eines einzelnen Origami-Kranichs ist jedoch schon eine interessante Übung. Als ich den Teilnehmer/innen farbig gemustertes Papier verteilte, hielten diejenigen, die dem Prozess vertrauten und meine Schritt-für-Schritt-Anleitung befolgten (mehr als 20 präzise Falten, die ich mit meiner Dokumentenkamera demonstrierte), nach 10 Minuten stillem Falten einen Origami-Kranich in ihrer Hand. Es war ein Gefühl der Anerkennung und Erkenntnis spürbar, als sie ihre Kreationen sahen.
Auch diejenigen, die nach der Hälfte der Übung aufhörten, gewannen wertvolle Erkenntnisse. Indem sie die anderen schweigend beobachteten, waren sie in der Lage, sich auf eine reflektierende Weise mit der Gruppe zu beschäftigen. Diese Erfahrung diente als aussagekräftige Metapher für die Dynamik des Vertrauens: Manchmal ist es genauso aufschlussreich, sich zurückzulehnen und zu beobachten, wie aktiv teilzunehmen.
Als Moderatorin lerne und wachse ich aus jeder Intervention mit einem/r Klienten/in. Gruppendynamik – Ungeduld, Humor, Stolz oder Unsicherheit – sind keine Hindernisse, sondern wertvolle Signale. Diese Dynamiken sind wertvolle Inputs, die, wenn man ihnen mit Neugier und Kreativität begegnet, die Grundlage für tiefere Erkundung und nachhaltigere Veränderung bilden können.
Ich freue mich darauf, die japanischen Kranich-Metapher weiter zu verfeinern und zu erweitern. Für einzelne Klient/innen, Teams und Organisationen öffnet sich vielleicht ein neuer Weg, Vertrauen, Kreativität und Selbsterkenntnis zu fördern.
Lassen Sie uns auf LinkedIn Kontakt vernetzen, um das Gespräch über Vertrauen, Führung und Kreativität in unsicheren Zeiten fortzusetzen.
Japanischer Kranich, Origami, Reflexionen, Assoziationen, bewusst, unbewusst, Selbsterkenntnis, Vertrauen
* “Nana” ist Japanisch für “sieben”. Dies ist mein siebter Artikel, nach “Ichi – Selbsterkenntnis”, “Ni – Kreativität”, “San – Transformation”,“Yon – Reflektion”, „Go – Blick zurück & vorwärts“, und „Roku – Sōzō-sei no Tenkai“.
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